Die Feuerwehr Hannover – eine vorbildliche Einheit Rettung und Brandschutz

Erst zwei Jahre alt: Die Feuer- und Rettungswache 1 der Feuerwehr Hannover

Rainer Kunze von der Feuerwehr Hannover-Stadt empfängt uns an einem Montag im März. Wir werden von ihm in der erst vor zwei Jahren fertiggestellten Feuer- und Rettungswache 1, in der sowohl die Regionsleitstelle als auch alle Einheiten des Rettungsdienstes, ein Löschzug mit Sonderfahrzeugen plus die Verwaltung und Werkstätten der Feuerwehr Hannover untergebracht sind, durch lange Gänge und etliche Türschleusen geführt. Kunzes Funktion wird auf der Visitenkarte so beschrieben: „Fachbereich Feuerwehr der Landeshauptstadt Hannover, Sachgebietsleitung Fahrzeug- und Gerätetechnik, Persönliche Schutzausrüstung (OE 37.31)“. Nach der Versorgung mit Kaffee lässt er uns wissen, dass die Feuerwehr Hannover viel mehr ist als eine Feuerwehr mit Haupt- und Ehrenamt in besonderer Konstellation. Die Besonderheit liegt in der Ausgestaltung der Aufgabenbereiche Brand-, Katastrophen- und Bevölkerungsschutz und Rettungsdienst. Kunze spricht vom Konzept eines „Gesamtpakets“, das die ineinandergreifenden Aufgaben im Falle eines Einsatzes komplett abdeckt oder zumindest vorübergehend, bis Spezialeinheiten eintreffen.

Redundanzen zum Schutz der Bevölkerung.

Bei der Führung durch das Gebäude erfahren wir, dass es alle Funktionen mindestens doppelt abgesichert gibt. Fällt das Wasser aus, tritt die Zisterne in Kraft. Fällt der Strom aus, übernehmen die Generatoren. Müsste das Gebäude von Personen geräumt werden, gibt es den gesamten Funktionsumfang der Regionsleitstelle an einem anderen Feuerwehrstandort im Norden der Stadt ein weiteres Mal. Und so verhält es sich auch mit allen Funktionen. Ein Sicherheitssystem mit ausgeklügelten Redundanzen zum Schutze der ca. 1,2 Millionen Menschen, der Unternehmen und auch des Flughafens in der Region Hannover.

Rettung und Feuerwehr ganzheitlich organisiert.

In der Feuerwehr Hannover werden Rettungsdienst und Feuerwehr bis ins kleinste Detail als gemeinsame Einheit mit unterschiedlichen Funktionen gedacht. Zwar arbeiten beide Einheiten jeweils im Regelbetrieb in ihren funktionalen Kernaufgaben allein, aber bei besonderen Schadensereignissen mit verletzten oder erkrankten Personen fahren mit den Löschzügen der Feuerwehr Hannover auch hochqualifizierte und erfahrene Notfallsanitäter raus. Und deshalb sind von den 850 hauptberuflichen Feuerwehrleuten ca. 450 aktive Rettungsdienstler, skizziert Kunze die Teamstärke der gesamten Einheit. Sie arbeiten nach klar definierten Regeln und Abläufen zusammen.
Zudem sind nicht nur die Funktionen bis ins kleinste Detail abgestimmt. Auch die Ausrüstung aller Einheiten wurde nach intensiver planerischer Vorarbeit beschlossen und angeschafft. Kunze nimmt uns mit in das neue Ausrüstungslager und erläutert anhand einer Schutzjacke, wie speziell sie konzipiert ist. „Solche Dinge werden mit unseren Anwendern gemeinsam entwickelt. Damit gehen wir sicher, dass wir das bekommen, was wir im Einsatz benötigen, um schnellstens und zielgenau arbeiten zu können. Hier geht’s um Menschenleben und um das Leben der Einsatzkräfte. Und da sind manchmal Sekunden entscheidend. Bei der Beschaffung bedeutet das natürlich, dass wir bei der Schutzkleidung beispielsweise auf Hersteller zugegangen sind und ihnen im Vorfeld beschrieben haben, was wir uns vorstellen. Am Ende erhalten wir z.B. eine Jacke, die exakt auf unsere Vorstellungen zugeschnitten ist und keine von der Stange. Weil es auch keine Einsätze von der Stange gibt. Und bevor wir bestellen, testen wir intensiv auf Funktionalität und Haltbarkeit im Einsatz. So gehen wir bei allen Anschaffungen vor, auch bei der Fahrzeugausstattung. Die Anbieter müssen lernen, mit unseren Ansprüchen umzugehen“, erklärt uns Kunze und blickt vielsagend schmunzelnd zu Christoph Stegemann (WAS) hinüber, mit dem er die Ausstattung des neuen WAS E-RTW abgestimmt hat.

Ausstattung und Einsatzfrequenz der Feuerwehr Hannover 2022

Fahrzeugbestand  
Berufsfeuerwehr  196
Rettungsdienst 41
Freiwillige Feuerwehr 99 
  336
Mitarbeitende    
Berufsfeuerwehr   879
Freiwillige Feuerwehr  740
  1.619
Einsätze Feuerwehr Hannover  
Notfallrettung     61.245
Feuerwehr (Brandschutz und Hilfeleistung)   7.979*
  69.224
Einsätze Regionsleitstelle  
Notfallrettung 170.623
Feuerwehr (Brandschutz und Hilfeleistung) 16.770
Krankentransport 68.442
Intensivtransporte (Zentrale Koordinierungsstelle Niedersachsen) 5.698
  261.53


*Zahlen 2021                                   

Feuerwehrleute mit Notfallsanitäterausbildung.
Ein weiteres Beispiel ist für ihn die Ausstattung der Rettungs- und Feuerwehrfahrzeuge. Alle sind z.B. bei der Ausstattung für Rettungskräfte absolut identisch ausgerüstet. Und auch identisch angebracht, sodass Suchzeiten im Einsatz entfallen. Jeder weiß, wo sich was befindet. Auf Nachfrage bestätigt Kunze, dass es auch in den Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr ein mobiles Einsatz-Kit zur medizinischen Versorgung, analog zur Ausstattung der Rettungswagen, gibt. „Auf jedem Hilfeleistungslöschfahrzeug (HLF) sind mindestens vier Feuerwehrleute mit einer Rettungsdienstlichen Qualifikation bis hin zum Notfallsanitäter an Bord. Das nimmt natürlich Druck vom Rettungsdienst, weil wir vor Ort schon bei Eintreffen des Löschzugs Verletzte behandeln können“, erläutert Kunze. So stehen zum Beispiel bei einem Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten (MANV) gleich 12 Feuerwehrleute mit rettungsdienstlicher Ausbildung bereit, um bei besonderen Einsatzlagen im Notfall die erste medizinische Notfallversorgung durchzuführen. Zusätzliches Material kann durch Rollwagen von drei Gerätewagen Rettungsdienst (GW-Rett) schnell an besonderen Einsatzstellen bereitgestellt werden. Ein Kommandowagen mit dem Organisatorischen Leiter Rettungsdienst (OrgL), einem speziell geschulten Einsatzleitdienst, kann zudem binnen 60 Sekunden unterwegs zum Einsatzort sein. Hier bildet er mit dem Leitenden Notarzt (LNA) die Örtliche Einsatzleitung Rettungsdienst (ÖEL) und koordiniert vor Ort alle rettungsdienstlichen Einsatzmaßnahmen. „So, in dieser Form, haben sich sicherlich nicht viele städtische Feuerwehren in Deutschland aufgestellt und organisiert“, zieht Kunze ein Fazit. Und die neueste Anschaffung, der WAS 500 E-RTW, bildet den Auftakt zur nächsten Herausforderung, die vor Rainer Kunze und der Feuerwehr Hannover liegt: die Einleitung der Verkehrswende zum Schutze des Klimas. In der Landeshauptstadt gibt es den Ratsbeschluss, die Verkehrswende im eigenen Fuhrpark zu beschleunigen. Die Feuerwehr schickt dafür nun als Vorreiter das europaweit erste Serienmodell eines vollelektrischen Rettungswagens in der 5,5 t Klasse auf die Straßen der Landeshauptstadt Hannover.

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Das Erste WAS Serien-Elektro-NEF im Test

Bereits im März letzten Jahres hatte das DRK in Frankfurt am Main den Elektro-RTW in der 5 t Klasse von WAS im Einsatz geprüft (s. Rettungsdienst 7/2022). Im November 2022 nahm sich das Team den von WAS als NEF ausgebauten eVito (WAS 100-E NEF) von Mercedes vor. Das Spezielle daran: War der E-RTW noch ein kompletter Eigenbau der WAS, wagte man sich beim NEF an ein Serienelektrofahrzeug eines renommierten Herstellers.

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